Lipowsky 1811

Böck, (Ignatz und Anton): Böck, (Ignatz und Anton), zwei Brüder, ersterer 1754, und letzterer 1757 zu Stadt am Hof geboren, lernten in ihrem zehenten Jahre das Waldhorn (1) blasen bei Joseph Vogel, Hofmusikus am Fürst Taxischen Hofe zu Regensburg, und einem der ersten Waldhornisten seiner Zeit. Als sie sich auf diesem Blas-Instrumente eine große Fertigkeit, und einen schönen vollen Ton erworben hatten, machten sie 1775 eine Reise nach Wien, gefielen dort, und wurden sogleich in die Dienste des Fürsten Batthyany, Primas von Ungarn, aufgenommen, bei dem sie drei Jahre und drei Monate blieben, dann aber ihr Glück in fernen Landen suchten. Im Jahre 1783 wurden sie nach Stockholm zum Könige von Schweden beschrieben, verweilten daselbst ein volles Jahr, und verliessen endlich diese Dienste, weil Schwedens Klima ihrer Gesundheit nachtheilig gewesen. Sie nahmen nun ihren Weg nach Dänemark, liessen sich am Hofe zu Kopenhagen hören, gaben dann ein großes öffentliches Konzert, und begaben sich über Hamburg nach Berlin, spielten dort bei Hofe und in einem öffentlichen Konzerte, giengen dann nach Dresden, wo sie ebenfalls bei Hof spielten und Konzert gaben, und verfügten sich endlich über Prag nach Wien zurücke, in welch letztern Städten sie sich auch in großen Konzerten hören liessen. Aber bald verliessen sie auch diese Kaiser-Stadt, und giengen nach Venedig, wo sie im adelichen Konzerte, das nur großen Virtuosen den Zutritt gestattet, spielten. Die Republik Venedig ehrte ihre Kunst dergestalt, daß die zwei Brüder, ausser dem gewöhnlichen Honorar, eine goldene Medaille zur Belohnung erhielten. Nachdem sie in dieser Stadt noch fünf Konzerte dem Publikum gegeben hatten, reisten sie nach Mailand, und spielten vor dem Großherzoge Ferdinand bei Hofe, und dann auch im großen Konzerte. Nun nahmen sie ihren Weg nach Paris, wo sie bei Hofe und vor dem Publikum spielten, dann aber nach Engeland sich einschifften, und in London vor dem Könige, und dann auch in öffentlichen Konzerten bliesen. Als sie die brittischen Inseln verlassen hatten, giengen sie nach den Niederlanden, spielten in Brüssel vor dem Herzoge Albert von Sachsen-Teschen, und gaben in dieser Stadt auch Konzert. Nun wanderten sie nach Holland, spielten fünfmal vor dem Staathalter, dem Prinz von Oranien, gaben dort in allen berühmten Städten Konzerte, giengen dann über Münster nach Cöln, Bonn, Koblenz, Mainz und Frankfurt, wo sie überall ebenfalls in Konzerten, bei genannten Höfen sowohl, als auch der Stadt spielten, und schlugen endlich den Weg über Hannover, Stettin, Danzig, Königsberg, Riga u. s. w. nach St. Petersburg ein. In dieser Kaiser-Stadt spielten sie bei Hofe, und gaben dann auch dort in der Stadt (2), und in der Folge zu Moskau öffentliche Konzerte. Aus Rußland kamen sie nach Pohlen, spielten zu Warschau vor dem Könige, und dann auch im öffentlichen Konzerte, und giengen dann durch Schlesien nach ihrem Vaterlande Baiern, wo sie bei Hofe in Gegenwart des Churfürstens Karl Theodor, und dann auch im öffentlichen Konzerte zu München spielten. Nun faßten sie den Entschluß nochmal nach Italien zu reisen, kamen auch wirklich dahin, und spielten in Rom, Florenz und Neapel. In letzterer Stadt akkompagnirten sie im Theater Santo Carolo fünfmal der großen Sängerinn Brigitta Georgia Bandi eine obgligate Concertant-Arie, worüber der König so sehr zufrieden gewesen, daß er diese beiden großen Künstler mit sich auf sein Lustschloß nahm, und eine geraume Zeit daselbst behielt. Endlich kehrten sie über Livorno, Genua etc. und durch Tirol nach München zurücke, wo sie 1790 als Hofmusikus angestellt wurden. Wenn man nur ihre bisher angeführte Reisen betrachtet, so ergiebt sich schon von selbst, daß diese zwei Brüder große Virtuosen und Künstler vom ersten Range auf dem Waldhorne seyn müssen, zumal sie überall, und an jedem Hofe mit außerordentlichem Beifalle spielten, mit Enthusiasmus aufgenommen und ausgezeichnet belohnet wurden. Beide Brüder das Waldhorn blasen hören, bezaubert. Ihr schöner, voller Ton, ähnlich dem angenehmsten Gesange, ihre Fertigkeit, ihre Nachahmung des Echo, und praktische Gewandtheit setzen den Zuhörer in Erstaunen. Cramer’s Magazin der Musik. S. 1401. Anm. 1: Das Horn (Corno di Caccia) soll nach einiger Meinung um’s Jahr 1680 zu Paris erfunden worden seyn; allein diese Erfindung kann nur in einer Verbesserung eines dem Horne gleichen und vorher schon bekannten Instrumentes, dessen Prätorius im zweiten Theile seines Werkes: Syntagma Music. (Wolfenbüttel 1618) gedenket, das in der achten Kupfertafel abgebildet ist, und die Jäger-Trompete genannt wird, bestehen. Franz Anton Graf von Spörken, aus einem niedersächsischen Geschlechte stammend, und in Böhmen ansässig, kam um 1680 nach Paris, bald nach Erfindung des Waldhorns, und ihm gefiel der Ton dieses Instruments, daher es zwei von ihm aus Böhmen mitgebrachten Bedienten blasen lernen ließ. Als er wieder zurückgekommen war, wurde das Waldhorn im Königreiche Böhmen allmählig bekannt, und wahrscheinlich zuerst beim Militär eingeführt, von da es in die Tanzmusik aufgenommen worden, weil Oboisten solche öfters spielten. Da man die gute Wirkung dieses Waldhorns auch bei Saiteninstrumenten wahrgenommen hatte, begann man dasselbe auch bei Theater-Musiken anzuwenden; jedoch anfangs nur in der Ouvertüre einer Oper. Damals gab es (1730 nämlich: nur Waldhorne aus Es dur, in der Folge brachte man durch Aufsatzstücke und Krumbögen auch andere Tonarten, G und hoch B, dann D, F u. s. w. hervor. In der Folge erfand ein Künstler zu Hanau die Inventions-Hörner, welche 1780 zu Wien verbessert wurden. Clagget zu London machte 17 1 eine Erfindung, gemäß welcher er zwei verschiedene Hörner dergestalt miteinander verbindet, daß er sie vermittelst eines gemeinschaftlichen Mundstückes für eine einzige Person brauchbar gemacht hat. Eine daran gebrachte Klappe führt die Luft nach dem Bedürfnisse des Spielers in das eine oder andere Horn. Noch bemerkenswürdiger aber ist die neue Art Sordinen, deren sich die hier angeführten Brüder Ignatz und Anton Böck schon 1783 auf ihren Reisen bedient haben, gemäß welchen sie den Ton des Waldhorns so zu schwächen wissen, daß er einige hundert Schritte entfernt zu seyn scheinet. In Verfertigung des simplen Horns zum Konzertblasen haben es dermal die Pariser-Künstler am weitesten gebracht. Sie verfertigen dieselbe auch von Silber für 100 Carolins. Solche Waldhörner aus Silber haben auch die eben genannten Brüder Böck, dann Palsa und Türrschmidt in Berlin. Um die Lücken, welche sich in der natürlichen Tonleiter dieses Blasinstrumentes befinden, auszufüllen, erfand man das Stopfen um 1750, wo man die eine Hand in den Trichter des Horns bringt, und ein ordentliches Fingerspiel übet, und so brachte man dieses Instrument, das gut geblasen, den sanften Ton einer Flöte begleitet von einer Gambe giebt, binnen eines Jahrhunderts zu einem hohen Grade seiner Vollkommenheit. Gerber’s Lexikon der Tonkünstler. B. I. S. 547. Um das Jahr 1730 wurden die Waldhörner vom Placidus v. Cammerloher und Jos. Joachim Benedikt Münster schon zu Kirchen-Musiken gesetzt. Den Amors-Schall, welcher um das Jahr 1760 der Kais. russische Hofmusikus Kölbel beim Waldhorn erfunden hat, haben die Brüder Anton und Ignatz Böck um 1780 verbessert. H. C. Koch musikalisches Lexikon. S. 141. E. L. Gerber’s Lexikon am a. O. B. II. Instrumenten-Register VI. S. 80. Anm. 2: Fürst Potemkin ehrte die Kunst der beiden Brüder dadurch, daß er ihnen -- eine Seltenheit und besondere Auszeichnung -- seine große Horn-Musik in ihr Konzert gab.