Lipowsky 1811

Kanzler, (Josepha): Kanzler, (Josepha), seit 1804 vereheligte von Fladt, geboren i. J. 1780 im Markte Tölz, wo ihr Vater Dr. Benno Friedrich Kanzler, damals Gerichtsphysikus war. Ihre Mutter, Franziska Weishaupt, ist die einzige Schwester des bekannten Gelehrten dieses Namens. Nachdem ihr Vater bald hierauf als Stadtphysikus nach München gezogen war, erhielt sie hier schon frühe Unterricht in der Musik, und machte bald als Klavierspielerinn sehr bedeutende Fortschritte. Ihr erster Lehrer war M. Falter, später bildete sie sich unter Lauska. In der Komposition ward sie anfangs durch Grätz, dann durch den Kapellmeister F. Danzi, zuletzt auch durch den berühmten Abt Vogler angewiesen. Einige von Kennern mit Wohlgefallen gehörte Lieder und eine Cantate waren ihre ersten Arbeiten. Mehrere Klavier-Sonaten, mit und ohne Violin-Akkompagnement, Quartetten, Variationen und Pot pourris sind die später gereiften Früchte ihrer Muse. Von allen diesen ist aber bisher nichts unter das Musikliebende Publikum gekommen, als zwei Klavier-Quartetten und ein baierisches National-Lied (blau und weiß); von jenen ist das erstere, aus d major, bei Erard in Paris in Kupfer gestochen, und ihrer Kaiserl. Hoheit der Prinzessinn Vize-Königinn von Italien zugeeignet; das andere, aus es minor, bei Cappi in Wien erschienen, und dem Abte Vogler gewidmet. Diese Künstlerinn ist eine der ersten Klavierspielerinnen unserer Zeit, besitzt eine außerordentliche Fertigkeit auf diesem Instrumente, verstehet jedes Stück mit Eleganz, Ausdruck, wahrer Empfindung und Geschmacke vorzutragen, und bezaubert eben so sehr durch ein Adagio, als sie durch ein Allegro in Erstaunen setzt, und Bewunderung erregt. Ihre sich erworbenen Kenntnisse in der Theorie der Musik und im Generalbaß sind sehr umfassend, und zeigen von ihrer großen Gelehrsamkeit im ausgebreiteten Gebiete der Tonkunst.