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Jobst, Max, * 9. Februar 1908 Ebrach, vermisst 1943 Stalingrad, Komponist, Kirchenmusiker

1   Ausbildung

Max Jobst wurde 1908 in Ebrach in Oberfranken geboren. Sein Vater Ludwig Jobst (1880-1957), damals Inspektor an der Justizvollzugsanstalt Ebrach, stammte aus Sallern bei Regensburg, seine Mutter Johanna, geb. Rubner (1877-1952), kam aus Wunsiedel. Mit acht Jahren erhielt Jobst den ersten Klavierunterricht. 1918 kam er als Zehnjähriger nach Regensburg in das Musikseminar des Kollegiatstiftes Unserer Lieben Frau zur Alten Kapelle, wo er als Altsolist sang. Hier besuchte er 1918 bis 1921 das Neue Gymnasium (heute Albrecht-Altdorfer-Gymnasium). In den Jahren 1921/22 bis 1925/26 studierte Jobst an der Lehrerbildungsanstalt (heute Max-Reger-Gymnasium) in Amberg, anschließend von März 1926 bis Juli 1927 an der Kirchenmusikschule Regensburg. Hier erfuhr er eine intensive Begegnung mit der Gregorianik und der Regensburger Tradition, er erlebte aber auch die fortschrittlichen Ideen, die Suche nach einer zeitgemäßen, dem zeitgenössischen Musikstil entsprechenden Kirchenmusik (E. Weber, Max Jobst, in: Musica sacra 103 [1983], S. 134). Zu jener Zeit hatte er bereits eine Reihe von Kompositionen geschrieben, trat aber offenbar noch nicht an die Öffentlichkeit: Seine Studienkollegen ahnten von einem kompositorischen Talent nichts. Am 16. September 1927 nahm Max Jobst das Studium an der Akademie der Tonkunst in München auf. Seine Lehrer waren die Professoren Ludwig Berberich (Kirchenmusik), Anton Beer-Walbrunn (Komposition), Hermann Sagerer (Orgel) und Siegfried Grundeis (Klavier). Ein Jahr Meisterklasse bei Joseph Haas folgte. Auch Richard Strauss legte er Kompositionen vor.

2   Anstellungen

Im Juli 1931 beendete Jobst seine Ausbildung und trat eine Stelle als Chorleiter und Organist in Ismaning bei München an. 1932 erhielt er eine Anstellung an der Stadtpfarrkirche in Tirschenreuth. Am 1. April 1935 wechselte er in den gleichen Funktionen nach Regensburg-Reinhausen als Nachfolger von Karl Kraus, der gerade Domorganist geworden war. Im Januar 1940 wurde Max Jobst zur Wehrmacht eingezogen, 1941 dann in Rußland eingesetzt. Von dort kehrte er nicht zurück. In den ersten Tagen des Januars 1943 schrieb er seine letzten Briefe. Seither ist er in Stalingrad vermisst.

3   Werkverzeichnis

Werke (überwiegend gedruckt bei Franz Feuchtinger, Regensburg, und Anton Böhm & Sohn, Augsburg)

3.1   Vokalmusik

3.1.1   Messen

Dorische Messe 4-7st. gemCh. op. 2 (vor 1931)
Singmesse für das deutsche Volk (Augustin Maierhofer) 1st. Ch./Volksgesang u. Org. op. 5(? ca. 1931), Regensburg 1934
Phrygische Messe 5-8st. gemCh. op. 5 (1932)
Missa "Christus Rex" 4-7st. gemCh. op. 14 (1936)
Missa "Christus vincit" 4st. gemCh. op. 11 (1937?), Düsseldorf 1943
Orgelmesse Org., S, A u. Bar. op. 20 (1939)
Missa Hemma 2-3st. Ch. (1940), Regensburg 1941
Missa brevis 3-4 Oberst. (o.J.)
Gesänge zur Betsingmesse (Klosterneuburger Text von J. Lang) 1st. Chor/Volksgesang mit Org. (o.J.), Regensburg 1938.

3.1.2   Kantate

Bei stiller Nacht zur ersten Wacht (Friedrich von Spee) S, 2 V, 2-5st. gemCh. u. Org. (1933?).

3.1.3   Geistliche Chorsätze

Adoramus te 4st. gemCh. (1929), Regensburg 1952
Marienlied (Anton Schreiegg) 4st. gemCh. (1934), ebda. (o.J.)
3 Weihnachtslieder gemCh. u. S mit Org. (Instr. ad lib.) u. gemCh. (1937?), ebda. (o.J.)
Motette "Justus ut palma" 5-6st. gemCh. (1939), ebda. 1939
2 Pange lingua 4st. gemCh. (o.J.), ebda. 1934
3 Adventlieder 4st. gemCh. (o.J.), ebda. 1952
Motette "Benedictus es, Domine" 5st. gemCh. (o.J.), ebda. 1938
Hymnus "Jesu dulcis memoria" 4st. gemCh. (o.J.), ebda. 1951
Maria Wiegenlied (Volksweise) 2 Oberst., 3 St. oder 4 gem. St., Org. oder Harm. u. Instr. ad lib. (o.J.), ebda. 1940.

3.1.4   Weltliche Chorsätze

Sehnsucht (N.N.) 4st. gemCh. (1925)
O süße Heimat (N.N.) 4st. gemCh. (1929)
Des Abends (Anton Schreiegg) 3st. MCh. (1934), Regensburg (o.J.)
Säerspruch (Conrad Ferdinand Meyer) 5-8st. gemCh. (vor 1936)
Die Liebe (Matthias Claudius) 5st. gemCh. (vor 1936)
Landsknechte sind wir (Florian Seidl) 4-8st. gemCh. (1936)
Soldatenspiel (Anton Schreiegg) Oberst. u. Orch./Kl. op. 18 (1937), Augsburg 1937
Arbeitssoldaten (Gustav Schüler) 4st. gemCh. (ca. 1937), Augsburg 1938
Ein Mensch (Eugen Roth) 4st. gemCh. op. 21 (1939)
Tanzlieder gemCh. (1939)
Von Kampf und Sieg 1st. Ch. u. Orch. (1940)
Der Tod 4-7st. gemCh. (o.J.)
Blüh auf (Angelus Silesius) 4-5st. gemCh. (o.J.).

3.1.5   Geistliche Lieder

Ave Maria S, V u. Org. (ca. 1933), Regensburg 1934
Maria (Richard Billinger) S u. Kl./Org. (1936)
Christi Mutter 2 St. u. Org. (vor 1937), Augsburg 1937
Es sungen drei Engel (13. Jahrhundert) 3 gl. St. (o.J.), Regensburg 1952.

3.1.6   Weltliche Lieder

Preislied (Gallus Ritter) Mez./Bar. u. Kl. (1927)
Am Flusse (Johann Wolfgang von Goethe) S u. Kl. (ca. 1930)
Verborgenes Leid (Ludwig Uhland) S u. Kl. (ca. 1930)
Alles war ein Spiel (Conrad Ferdinand Meyer) S u. Kl. (ca. 1930)
Drei Liebeslieder Mez./Bar. u. Kl. (1936)
Zwei Sommerlieder (Richard Billinger) Bar. u. Kl. op. 16 (ca. 1936)
Zwei Lieder (Anton Schreiegg) S u. Kl. (ca. 1939)
Lieder von Nacht und Tod Mez./Bar. u. Kl. op. 28 (1941)
Krone des Lebens 2 gl. St. a capp. (1941/42), Regensburg 1951
Drei Gesänge (Rainer Maria Rilke) S/T u. Kl. op. 6 (o.J.), ebda. (o.J.).

3.1.7   Kanons

Wem seine Sonne scheint. Spiegelkanon (1937)
Kanonen aus Rußland (Franz Anton Mayer) FrCh. oder MCh. im Kanon (1941/42), Augsburg (o.J.)
Wir heben den Becher (1942), ebda. (1943?).

3.2   Instrumentalmusik

3.2.1   Orchesterwerke

Musik für StrOrch. u. Kl. op. 12 (1936).

3.2.2   Konzert

V-Konz. op. 19 (1938).

3.2.3   Kammermusik

Arioso V u. Org. (1933)
StrQu. (1933?)
Son. h-Moll V u. Kl. op. 17 (ca. 1936).

3.2.4   Klaviermusik

Fantasie (1927?)
Fuge (1930)
Rondo (ca. 1930)
Acht kleine Stücke (ca. 1930)
Son. (ca. 1930)
Duggendorfer Tänze op. 1 (ca. 1930), Augsburg 1940
Zwei kleine Stücke (1935)
Kleine Suite op. 14? (1935), Augsburg 1938
Böhmische Suite op. 23 (1939), Regensburg (o.J.)
Suite op. 24 (1939)
Variationen (ca. 1939)
Inter Arma op. 30 (1940?), Augsburg (o.J.)
Stücke für die Jugend (o.J.)
Kleine Suite op. 1 (o.J.).

3.2.5   Orgelmusik

Choralvorspiele (1921)
Partita "Mitten im Leben" op. 13 (1935?), Regensburg (o.J.)
Partita über "Wach auf, du deutsches Land" op. 13a (1935?), Lpz. 1942.

4   Charakteristik des Schaffens

Mitten in dem Leben sind wir vom Tod umfangen: Hört man heute mit dem Wissen um sein Ende Jobsts Musik, so könnte man versucht sein, in diesem Choral eine Art roten Faden durch seinWerk, eine Art bestimmendes Motto zu sehen. Der Gedanke an die Todesahnung Jobsts ist verführerisch und gefährlich zugleich, da er völlig in die Irre leiten kann. Andererseits gibt es immer wieder Indizien, die ihn zu bestätigen scheinen. Jobst selbst schrieb am 30. Dezember 1942: Ich kann zur Zeit einfach nicht komponieren. Dafür habe ich ein Heft Gedichte in Angriff genommen. Und: Ich habe selbst nicht geglaubt, daß ich auch noch zu dichten anfange. [...] Komponieren kann ich nicht mehr. [...] Nach dem Kriege werde ich schon wieder komponieren. Max Jobst gehörte jener Komponistengeneration an, deren Karriere durch den Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde. Noch während des Krieges steckte er voller Ideen und Pläne für die Zeit danach: Nur der Krieg müßte bald zu Ende sein. [...] Ein Freund [...] und ich tragen uns mit dem Gedanken, ein Märchen zu schreiben. Er dichtet, ich komponiere, und einer meiner Malerfreunde wird die Zeichnungen dazu machen. Das wird unsere erste Arbeit nach dem Kriege. Die Ideen scheinen sogar während der Kriegsjahre jedenfalls zunächst eher noch zugenommen zu haben: Jobst machte Skizzen für nach dem Kriege [...] zu einem neuen Violinkonzert und für ein Ballett. Dazu kam es nicht mehr. Im letzten Brief an die Mutter vom 1. Januar 1943 schrieb Max Jobst: Ich habe das neue Jahr damit begonnen, ein Gebet zu dichten, es möge uns zum Segen sein! Wir an der Front wissen, [...] der Wendepunkt ist in Rußland gekommen. (alle zit. nach C. Mzyk, Der Komponist Max Jobst, München 1982, mschr.).

5   Literatur

H. Lemacher, Max Jobst. Ein Musiker der Bayer. Ostmark, in: Zs. f. Musik 107, 1940, 69-74.
A. Schreiegg, Zur Geschichte des Violinkonzerts von Max Jobst, in: Die Oberpfalz 54, 1966, 6-8.
C. Mzyk, Der Komponist Max Jobst, Zulassungsarbeit München 1982 (mschr.)
E. Weber, Max Jobst – ein ostbayerischer Komponist. Zu seinem 75. Geburtstag, in: Musica sacra 103, 1983, 134-137.
Th. Emmerig, Ein "verschollener" Komponist. Auf der Suche nach Max Jobst und seinem Werk, in: Musik in Bayern 39, 1989, 97-117.
Ders., Noch einmal: Der "verschollene" Max Jobst. Nachtrag, in: Musik in Bayern 40, 1990, 82-84.
Ders., Max Jobst (1908–1943). Ein Gedenkblatt zum 100. Geburtstag und ein Blick auf seine Musik für Streicher, in: Musik in Bayern 72/73 (2007/2008), S. 75–100.
Ders., Max Jobst (Komponisten in Bayern 53), Tutzing 2010. (zusammen mit Helmut Bieler, Randolf Jeschek und Raimund W. Sterl)