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Margaretha Landwehr von Pragenau, * 18. April 1923 Radautz (heute Radauti/Rumänien), Musikforscherin

1   Herkunft, Ausbildung und beruflicher Werdegang

Margaretha Melnicki (verh. Landwehr von Pragenau) erhielt ihre erste musikalische Unterweisung durch ihre Mutter Maria Josefa Melnicki, die Musiklehrerin war. In Radautz besuchte sie die Volksschule und anschließend das Lyzeum. In dieser Zeit beschäftigte sie sich bereits mit der Lektüre historischer Aufzeichnungen in kyrillischer Schrift, mit dem Entziffern der Grabinschriften am orthodoxen Friedhof sowie mit einem Lehrbuch für byzantinische Notenschrift. 1940 wurde sie mit ihren Eltern und einer Schwester nach Deutschland umgesiedelt, in einem Lager untergebracht und 1941 hier eingebürgert. Nach einem Jahr am humanistischen Gymnasium in Pirna wechselte sie zum Abiturkurs, den sie 1943 in Berlin bestand. Im selben Jahr wurden ihre Eltern in Sosnowitz/Oberschlesien angesiedelt. Nach Arbeits- und Kriegshilfsdienst in Berlin sowie einem Praktikum in einer Berliner Apotheke zog sie mit den Eltern 1945 nach Bayern. Im Mai 1947 begann sie in Regensburg am Institut für Musikforschung der Philosophisch-Theologischen Hochschule, das Bruno Stäblein 1945 begründet hatte, Musikwissenschaft zu studieren.

1949–1951 zählte Margaretha Melnicki zu den wissenschaftlich tätigen Mitarbeitern des Instituts. Bereits seit 1949 war sie am Ausbau des von Stäblein begonnenen Mikrofilmarchivs mit Schwerpunkt Gregorianik sowie an entsprechenden Reisen zu Tagungen sowie zu Bibliotheken zur Materialsammlung beteiligt. Ebenfalls 1949 begann sie mit der Übertragung von Alleluja-Melodien aus den vorhandenen Handschriften mit dem Ziel einer Dissertation; als sich das Material dafür als zu umfangreich herausstellte, brach sie diese Tätigkeit 1950 ab. Ein eigenes Fotolabor am Institut ermöglichte ihr ab 1951 die Entwicklung und Katalogisierung der Aufnahmen, zu denen sie umfangreiche inhaltliche Beschreibungen erstellte.

Anlässlich einer Tagung der Musikbibliothekare 1951 in Paris begegnete Margaretha Melnicki Jacques Handschin, der ihr die Fortsetzung ihres Studiums in Basel empfahl und ihr eine Assistentenstelle am dortigen Institut anbot. Sie konnte diesen Vorschlag nicht annehmen und wechselte stattdessen im Herbst 1951 an die Universität Erlangen zu Rudolf Steglich. Dort beendete sie, die ihre Stelle am Regensburger Institut immer behalten hatte, ihr Studium schließlich mit der Dissertation Das einstimmige Kyrie des lateinischen Mittelalters; im Juli 1954 wurde sie mit den Nebenfächern Archäologie und Bibliothekswissenschaft promoviert.

1956 wurde Stäblein auf den Lehrstuhl in Erlangen berufen; damit war die Verlagerung des Mikrofilmarchivs nach Erlangen verbunden. Im selben Jahr begann die Planung des zweiten Bandes in der Reihe Monumenta Monodica Medii Aevi, der dann von Landwehr-Melnicki bearbeitet wurde, die sich 1957 längere Zeit in Rom aufhielt, um ihre Übertragung der Handschrift Vat. lat. 5319 mit dem Original in der Vatikanischen Bibliothek zu vergleichen; der Band erschien schließlich erst 1970 unter dem Titel Die Gesänge des altrömischen Graduale Vat. lat. 5319. In den Jahren 1957–1965 nahm Landwehr einen Lehrauftrag an der Universität Erlangen für Notationskunde sowie mittelalterliche Liturgie und Notenschrift wahr. Gleichzeitig leistete sie ständige Kurierdienste zwischen Regensburg und Erlangen, da Stäblein weiterhin auch das Regensburger Institut leitete. 1957 heiratete sie den Juristen Kurt Landwehr von Pragenau; 1963 wurde ihr Sohn Karl-Lutz geboren.

Nach der Auflösung des Regensburger Instituts für Musikforschung im Mai 1968 und dem Wechsel seiner Bestände und seiner Stellen an das Institut für Musikwissenschaft wurde auch Margaretha Landwehr von Pragenau an die Universität Regensburg übernommen. Ihr Vertrag verpflichtete sie zu Lehrveranstaltungen zur Gregorianik, zur weltlichen Musik, zur Notation und zu Theoretikern des Mittelalters, die sie ab 1970 abhielt. 1974 übernahm sie die Übersetzung des Buches Musikgeschichte in Beispielen von Otto Hamburg aus dem Holländischen. 1983 trat sie in den Ruhestand.

2   Schriften

2.1   Bücher

Das einstimmige Kyrie des lateinischen Mittelalters, Diss. Erlangen 1954 (Melnicki); (Forschungsbeiträge zur Musikwissenschaft 1), Regensburg 1955 (Landwehr-Melnicki).
Die Gesänge des altrömischen Graduale Vat. lat. 5319, mit einer Einführung von Bruno Stäblein (Monumenta Monodica Medii Aevi 2), Kassel 1970.
Musikgeschichte in Beispielen. Von der Antike bis Johann Sebastian Bach (Taschenbücher zur Musikwissenschaft 39), Wilhelmshaven 1976, 21979, 31982, 41986, 51990, 61997 (mit Otto Hamburg).
Schriften zur Ars musica. Ausschnitte aus Traktaten des 5.–11. Jahrhunderts [von Augustinus bis Aribo scholasticus], lateinisch und deutsch (Taschenbücher zur Musikwissenschaft 86), Wilhelmshaven 1986.

2.2   Aufsätze

Godescalcus Lintpurgensis, in: MGG 5 (1956), Sp. 397–401 (Melnicki).
Graduale (Buch), in: MGG 5 (1956), Sp. 622–632 (Melnicki, mit Bruno Stäblein).
Antiphonen. Musik, in: Lexikon der Marienkunde, hg. von Konrad Algermissen und Ludwig Böer, Bd. 1, Regensburg ([1957–]1967), Sp. 276–281 (Melnicki); auch in: Marienlexikon, hg. von Remigius Bäumer und Leo Scheffczyk, Bd. 1, St. Ottilien 1988 (Melnicki).