Schilling 1/1837, Bd. 4

Miedke, Friedrich Georg Leonhard, unbedingt einer der vorzüglichsten lebenden dramatischen Sänger in Deutschland, der sich leider aber jetzt schon von der Bühne ganz zurückgezogen hat. Seine Stimme ist ein außerordentlich sonorer Bariton. Er ward geboren 1803 zu Nürnberg, wo sein Vater damals Regisseur des Schauspiels war. 1805 kam dieser nach Stuttgart, u. hier erhielt er, der Sohn, seine Ausbildung, sowohl in rein musikalischer als dramatischer Beziehung. Nach vollendeter Mutation sang er eine Zeitlang im Chore mit; dann übertrug man ihm kleinere Rollen, in denen sich namentlich sein Talent als Schauspieler höchst vortheilhaft entwickelte. 1822 verließ er Stuttgart und nahm ein Engagement bei dem Stadttheater zu Augsburg an. Später ging er in die Schweiz, und sein Ruf als Sänger wie als Schauspieler stieg hier so schnell, daß er 1825 schon die Direction des Theaters in St. Gallen übernehmen konnte, bei der er indeß sein ganzes bis dahin wohlerworbened und nicht unbedeutendes Vermögen so weit zusetzte, daß er es für gerathen hielt, heimlich die Schweiz zu verlassen: ein Entschluß, dessen Ausführung ihm nachgehends manchen ärgerlichen Vorgang bereitete, unter welchen wir nur den namhaft machen, daß ein gegen ihn anhängig gemachter Prozeß den Ausgang nahm, daß er 12 Wochen auf der Festung Asperg in Würtemberg zubringen mußte. Es war das Jahre 1829. Wieder in Freiheit gesetzt, wandte er sich nach Würzburg, und erhielt hier augenblicklich die Regie der Oper mit einem festen Gehalte die er auch bis ans Ende des Jahrs 1836 fortführte. Von diesem Zeitpunkte an zog er sich ganz von der Bühne zurück, u. habilitirte sich in Kissingen, um für die Zukunft sich nur mit der Malerei zu beschäftigen, für deren Betreibung in ihren verschiedenen Zweigen er dort in diesem Augenblicke (Januar 1837) ein bedeutendes Etablissement erreichte. Seine Leistungen als Don Juan, Figar, Vampyr und in denen ähnlichen Parthien gehören zu den ausgezeichnetsten, sowohl was Gesang als Spiel betrifft. Vielseitig gebildet und von der Natur mit entschiedenen Anlagen für alles, was Kunst heißt, ausgerüstet, war sein Wirken an der Bühne von unnennbarem Nutzen. Um so mehr aber ist sein so zeitiger Abgang von derselben, der auch wohl nur durch eine eheliche Verbindung herbeigeführt wurde, in jeder Hinsicht zu bedauern. A.