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Pustet, Friedrich, * 25. Juli 1831 Regensburg, † 4. August 1902 Regensburg, Musikverleger, Liturgieverleger

1   Ausbildung

Friedrich (II.) Pustet, der Sohn des Firmengründers, erhielt seine Ausbildung im eigenen Verlag und in der Buchhandlung Fehr in St. Gallen in der Schweiz. Nach zwei Jahren, 1856, rief sein Vater ihn zurück. Bereits im August dieses Jahres reiste er zu Papst Pius IX. nach Rom und überreichte ihm am 2. September das erste Regensburger Missale des Verlages. Der Pontifex zeichnete den Überbringer mit einer großen goldenen Medaille aus. Diese Ehrung lenkte zuerst die allgemeine Aufmerksamkeit des Klerus auf das Haus Pustet (Otto Denk, Friedrich Pustet, Vater und Sohn, Regensburg 1904, S. 51). Damit hatte Friedrich (I.) Pustet den Grund gelegt für den liturgischen Verlag, mit dem das Haus seine internationale Bedeutung begründete.

2   Verlagsübernahme und päpstliche Ehrung

Am 23. Juli 1860 übernahm Friedrich (II.) Pustet von seinem Vater die Leitung des Verlags und fügte den Verlag Joseph Reitmayr hinzu. Die weitere Verbesserung des Missale und der Druck der ersten liturgischen Werke trugen ihm von allen Seiten Lob und Anerkennung ein. 1862 konnte Pustet dem Papst die Ausgabe des Missale im Großfolio-Format von 1858 überreichen. Der Heilige Vater zeichnete Pustet bei dieser Gelegenheit nicht bloß mit einer goldenen Medaille aus, sondern verlieh ihm unterm 17. Mai auch den Ehrentitel eines Typographen des Heiligen Stuhles (Typographus Apostolicus) (ebenda, S. 84). Am 1. Juli 1864 ernannte er Pustet zum Ritter des Gregorius-Ordens. Am 16. April 1866 heiratete Pustet Therese Huber, die Tochter des Inhabers der Buchhandlung Josef Kösel in Kempten. Im gleichen Jahr erschien das erste Missale im neuen, handlicheren Kleinfolio-Format, das von der Ritenkongregation approbiert wurde. Am 1. Oktober 1868 erhielt der Verlag das Druckprivileg für den Nachdruck der Choralbücher in der Editio Medicaea, das bis 1900 gültig blieb. Am 30. April 1870 wurde er mit dem Titel Typographus Sacrorum Rituum Congregationis ausgezeichnet und am 16. Juli 1872 zum Ritter des Pius-Ordens ernannt.

3   Wichtige Werke und Expansion

1872/73 wurde die Monumentalausgabe des Graduale Romanum hergestellt, das als typographische Meisterleistung bestaunt wurde, in den Jahren 1879-1885 folgten die drei Bände des Antiphonarium und des Psalterium. Schlag auf Schlag schritt die stürmische Entwicklung des Hauses Pustet voran, die schließlich deutlichen Ausdruck in der Gründung von Zweigniederlassungen 1865 in New York, 1867 in Cincinnati und 1898 in Rom fand; sie wurden 1912 bzw. 1916 selbständig. Auch eine Amberger Filiale des Verlags mit der Redaktion der dort erscheinenden Amberger Volkszeitung gehörte dazu, die seit 1869 Josef Habbel führte; als er 1870 den Zeitungsverlag und die Buchhandlung in Amberg von Pustet erwarb, begründete er damit den Verlag Josef Habbel, den er 1889 nach Regensburg verlegte.

Auf die programmatische Vielfalt der Frühzeit des Verlages Pustet folgte nun zunehmend eine Konzentration, die mit dem liturgischen einen theologischen Verlagsbereich als wichtigen Schwerpunkt verband. Auch ein katholisch-belletristischer Bereich fand seinen Platz. 1884 erhielt der Verlag das Privileg zur Herstellung der Editio typica für sämtliche liturgischen Bücher. Papst Leo XIII. bestellte Pustet am 16. Dezember 1887 zum Komtur des Silvester-Ordens, am 8. Dezember 1888 verlieh er ihm das Kreuz Pro Ecclesia et Pontifice. Prinzregent Luitpold von Bayern zeichnete Pustet am 28. Dezember 1896 anläßlich seines fünfzigjährigen Berufsjubiläums mit dem Titel eines Königlichen Kommerzienrats aus. Im Dezember 1899 gab die Ritenkongregation eine neue typische Ausgabe (Editio altera typica) in Auftrag. Friedrich (II.) Pustet starb am 4. August 1902.

4   Inhaltliche Ausrichtung

Der Musikalien-Verlag hatte wesentlichen Anteil an der Entwicklung des Gesamtverlages, hatte doch Friedrich (II.) Pustet sein Haus in den Dienst der Kirchenmusikreform gestellt. Liturgie und Kirchenmusik haben gemeinschaftlich dem Pustetschen Verlage einen scharf umrissenen Charakter verliehen. [...] Zu welch großartiger Ausgestaltung der Pustetsche Verlag unter dem Einfluße der von Dr. Witt durchgeführten Reformbestrebungen gedieh, das zeigt am klarsten ein Vergleich der Pustetschen Verlagskataloge. Während der älteste, die Jahre 1830 bis 1851 umfassende Katalog, nur eine einzige Tondichtung kirchlichen Charakters [...] anführt, setzt sich das neueste, bis zum Jahre 1903 reichende Verzeichnis musikalischer Werke aus nicht weniger als 82 Oktavseiten zusammen (ebenda, S. 58f.). Entstanden war so eine untrennbare Einheit aus liturgischem Verlag und Musikverlag in der Funktion für die als Cäcilianismus bekannt gewordene Reform. Besonderes Augenmerk galt stets der Herstellung und der Entwicklung der liturgischen Bücher.

Daneben wurden verstärkt zahlreiche kirchenmusikalische Werke u.a. von Johann Diebold, Ludwig Ebner, Caspar Ett, Peter Griesbacher, Michael Haller, Ignaz Mitterer, Joseph Mohr, Johann Baptist Molitor, Jakob Quadflieg, Joseph Renner, Johann Baptist Singenberger, Johann Gustav Eduard Stehle und Franz Xaver Witt publiziert. Hinzu kamen die Sammlung klassischer Kirchenkompositionen Cantus Divinus mit zehn Heften und das Repertorium Musicae Sacrae (hg. von Franz Xaver Haberl) in zwei Bänden. Große Bedeutung gewann der Verlag durch die Publikation der kirchenmusikalischen Zeitschriften und Jahrbücher Fliegende Blätter für katholische Kirchenmusik (1866-1937, seit 1901 Cäcilienvereinsorgan), Musica Sacra (1868-1937) und Cäcilienkalender (1876-1932, seit 1886 Kirchenmusikalisches Jahrbuch), mit der er die cäcilianische Bewegung ganz entscheidend förderte.

5   Literatur

N.N., "Friedrich Pustet, k. Kommerzienrat und Verlagsbuchhändler, † 4. August 1902", in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 54 (1902), S. 367.
Georg Rau, Gedenkblatt an Friedrich Pustet, Kgl. Kommerzienrat, Regensburg 1902.
Otto Denk, Friedrich Pustet, Vater und Sohn. Zwei Lebensbilder, zugleich eine Geschichte des Hauses Pustet, Regensburg 1904.
Friedrich (III) Pustet, Die Firmengeschichte des Verlags Friedrich Pustet Regensburg. Festansprache zum 100jährigen Gründungsjubiläum beim Festakt am 13. November 1926, 2. ergänzte Auflage Regensburg 1932.
Donatus Haugg, Das Haus Pustet in Regensburg als liturgische Verlagsanstalt, in: St. Wiborada 5 (1938), S. 60-68.
[Elisabeth Pustet], Pustet in Regensburg. Eine kleine Chronik, [Regensburg 1998].
Raymond Dittrich, "Dokumentation zum zweiten Jahrgang und zur zweiten Auflage des Messenbandes aus dem ersten Jahrgang der ,Musica divina‘", in: Musik in Bayern 56 (1998), S. 55-78.
Monika Schwarzenberger-Wurster, Die Missaleillustrationen des Max Schmalzl für den Verlag Friedrich Pustet, Magisterarbeit Regensburg 2002.
David Walter Bucknum, The Influence of Friedrich Pustet and Sons, Publishers, on the Cecilian Movement, Diss. Indiana University 2004.
Johannes Hoyer, Der Priestermusiker und Kirchenmusikreformer Franz Xaver Haberl (1840-1910) und sein Weg zur Musikwissenschaft (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg, Beiband 15), Regensburg 2005.
Thomas Emmerig, Regensburger Verlagsbuchhandlungen als Musikverlage (1850-1950) (Quellen und Abhandlungen zur Geschichte des Musikverlagswesens 3), Tutzing 2007, S. 25-83.
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