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Pustet, Friedrich, * 21. April 1867 Regensburg, † 11. Januar 1947 Regensburg, Musikverleger, Liturgieverleger

1   Ausbildung

Friedrich (III.) Pustet, der Enkel des Firmengründers, erhielt seine Ausbildung im eigenen Verlag und während längerer Aufenthalte in Rom und Paris. Ausgedehnte Reisen führten ihn nach England, Spanien und Nordamerika. Im Dezember 1887 reiste er in Vertretung seines Vaters nach Rom, um anlässlich des goldenen Primizjubiläums Leos XIII. dem Heiligen Vater seine kindliche Ehrfurcht und treue Ergebenheit zu bezeigen (Otto Denk, Friedrich Pustet, Vater und Sohn, Regensburg 1904, S. 127). Er übernahm die Firma von seinem Vater Friedrich (II.) Pustet im Jahre 1902. Am 22. November 1903 wurde das Motu proprio des Papstes Pius X. veröffentlicht, das die Choralbücher der Editio Medicaea ablöste und den traditionellen Gregorianischen Gesang wieder einführte.

2   Folgen der wirtschaftlichen Krise

Friedrich (III.) Pustet führte den Verlag durch den Ersten Weltkrieg, der unserem Haus fast die Hälfte seiner männlichen Mitarbeiter [entzog]. 15 wackere Vaterlandsverteidiger kehrten nicht mehr an ihre Arbeitsstätte zurück (Friedrich [III.] Pustet, Die Firmengeschichte des Verlags Friedrich Pustet Regensburg, Regensburg 1932, S. 22). Die folgenden Krisenjahre brachten den Zusammenschluss mit dem Verlag Josef Kösel im Oktober 1920 mit sich. Philipp Funk schrieb dazu im Rückblick von 1926: Im Herbst 1920 flossen zwei stattliche Ströme aus Kempten und Regensburg in ein neues Bett zusammen: aus den Verlagen Josef Kösel und Friedrich Pustet wurde ein einziger, großer Verlag, der die Überlieferungen und Ziele der beiden früheren Firmen in gleicher Weise zu wahren sich bemüht (Die Vergangenheit der Verlage Josef Kösel & Friedrich Pustet, in: Jubiläumsalmanach des Verlags Josef Kösel & Friedrich Pustet K.-G., München 1926, S. 18). Diesen eher etwas idealisierenden Betrachtungen stellte Friedrich (III.) Pustet am 13. November 1926 seine sachlichere Einschätzung gegenüber: Die in den Zeitverhältnissen begründete Notwendigkeit der Verbreiterung der wirtschaftlichen Grundlage auch buchhändlerischer Unternehmungen sowie das in der aufstrebenden Entwicklung beider Häuser gelegene Ausdehnungsbedürfnis führte zur Vereinigung der jetzt schon parallel gerichteten Kräfte in engster, weitgefügter Zusammenarbeit (Firmengeschichte, S. 23).

Dann aber erfüllte die tatsächliche Entwicklung nicht die Erwartungen; bereits 1927 trennten sich die Verlage wieder – und natürlich war die Entwicklung 1926 bereits absehbar. Vielleicht darf man sagen, daß Philipp Funk die wahre Begründung für die Trennung der Verlage dezent andeutet, wenn er schreibt: Katholische Verlagsarbeit ist [...] nicht Arbeit ,im Ghetto‘, sondern Dienst am Ganzen des Volkes. Zwei Hauptaufgaben dürften sich dabei herausstellen, denen die beiden früheren Zweige des jetzigen Gesamtverlages Kösel-Pustet, zum Teil in einer charakteristischen Arbeitsteilung, gedient haben. Da ist zunächst erstens die grundsätzliche Verfestigung des katholischen Bewußtseins im deutschen Geist, die klare Herausarbeitung der katholischen Linie und Lebensform als eines tragenden und aufbauenden Elementes für die Kultur der Gegenwart, mit einem Wort, die quellenmäßige Aufzeigung des katholischen Gutes, des Katholizismus als einer objektiven Gabe. [...] Die zweite Hauptaufgabe wäre dann das richtunggebende Eingreifen in die Gegenwartsfragen des katholischen und deutschen Geisteslebens, das Ringen mit den Problemen, sozusagen die Verwirklichung des Katholizismus als Aufgabe (Funk, Die Vergangenheit, S. 30-32).

3   Erfolg in den zwanziger Jahren und Nachkriegszeit

Am 16. Februar 1924 wurde Friedrich (III.) Pustet von Papst Pius XI. zum Komtur des St. Gregorius-Ordens ernannt. Zu Weihnachten 1926 folgte das Bayerische Staatsministerium mit der Ernennung des Kommerzienrats Pustet zum Geheimen Kommerzienrat. Offensichtlich war der Verlag zu jener Zeit auf der Höhe seiner Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig hatte er die Talsohle seiner wirtschaftlichen Entwicklung durchschritten. Dann aber begannen der liturgische Verlag und der Musikverlag sich auseinander zu entwickeln.

Nach den schweren Jahren des Dritten Reiches, als der technische Betrieb Pustet neben vielen anderen Dingen auch Hitlers Mein Kampf hergestellt hatte, um wirtschaftlich zu überleben, und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Firma zur Zeit der amerikanischen Militärregierung von einem Treuhänder geführt. Sie durfte ihren Namen nicht verwenden und benützte dann vorübergehend in den Jahren 1946-1948 die Benennung Gregorius-Verlag vormals Friedrich Pustet. Während dieser Übergangsperiode verstarb Friedrich (III.) Pustet am 11. Januar 1947. Danach wurde die Firma an die Familie zurückgeführt.

4   Literatur

Otto Denk, Friedrich Pustet, Vater und Sohn. Zwei Lebensbilder, zugleich eine Geschichte des Hauses Pustet, Regensburg 1904.
N.N., "Friedrich Pustet in Regensburg, Verlagsbuchhandlung, Buchdruckerei, Buchbinderei", in: Die Industrie der Oberpfalz in Wort und Bild, hg. von der Handelskammer Regensburg, Regensburg 1914, S. 111-112.
Fritz [Friedrich IV] Pustet, Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Verlagsbuchhandel und Buchdruckgewerbe in der Gegenwart, Diss. München 1923.
Philipp Funk, Die Vergangenheit der Verlage Josef Kösel & Friedrich Pustet, in: Jubiläumsalmanach des Verlags Josef Kösel & Friedrich Pustet K.-G., München 1926, S. 18-34.
Hanns Bohatta, Liturgische Drucke und liturgische Drucker. Festschrift zum 100jährigen Jubiläum des Verlages Friedrich Pustet, Regensburg 1926.
Alfons Heilmann, "Das Jahrhundert-Jubiläum des Verlags-Hauses Fr. Pustet", in: Deutscher Hausschatz 1927.
Heinrich Huber, "100 Jahre Friedrich Pustet in Regensburg. Ein Jubiläum deutscher Arbeit", in: Das Bayerland 38 (1927), S. 103-104.
Johann Baptist Laßleben, "Das Verlagshaus Friedrich Pustet in Regensburg und sein hundertjähriges Bestehen", in: Die Oberpfalz 21 (1927), S. 31-34.
Friedrich (III) Pustet, Die Firmengeschichte des Verlags Friedrich Pustet Regensburg. Festansprache zum 100jährigen Gründungsjubiläum beim Festakt am 13. November 1926, 2. ergänzte Auflage Regensburg 1932.
Donatus Haugg, Das Haus Pustet in Regensburg als liturgische Verlagsanstalt, in: St. Wiborada 5 (1938), S. 60-68.
[Elisabeth Pustet], Pustet in Regensburg. Eine kleine Chronik, [Regensburg 1998].
Valentin Pustet, Firma Pustet unter besonderer Würdigung der Geschichte nach dem Ersten Weltkrieg und des sozialen Engagements der Firma, Facharbeit im Leistungskurs Geschichte am Privat-Gymnasium Pindl e.V., Regensburg 2006.
Thomas Emmerig, Regensburger Verlagsbuchhandlungen als Musikverlage (1850-1950) (Quellen und Abhandlungen zur Geschichte des Musikverlagswesens 3), Tutzing 2007, S. 25-83.
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