Lütgendorff 2/1913

Piegendorfer, Georg. – Augsburg. Geb. 9. Febr. 1849 in Kläham bei Ergoldsbach in Niederbayern, + 1906 in Augsburg Einer der besten bayrischen Geigenmacher. Von Jugend auf beschäftigte er sich schon mit Musik und kam zunächst zu einem Kunsttischler in die Lehre. Er arbeitete bereits als Gehilfe in verschiedenen Städten, als 1866 der Krieg ausbrach. Freiwillig trat er beim bayr. Inf.-Leib-Regiment ein und machte den Feldzug als Signalist bei der 8. Schützenkompagnie mit. Nach dem Friedensschluß wurde er der Regimentskapelle zugeteilt und hier erst eigentlich zum Musiker ausgebildet. Im Juli 1869 zur Reserve entlassen, wurde er schon 1870 wieder einberufen und machte den ganzen Feldzug 1870/71 als Hoboist mit. Hierauf trat er dann als Waldhornist bei einem Theaterorchester ein und kam als Musiker auf Konzertreisen weit in Deutschland und der Schweiz herum. Im Jahre 1874 wurde er veranlaßt, eine schadhafte Geige auszubessern. Gewohnt, feine Arbeiten auszuführen, gelang ihm der Versuch so über alles Erwarten, daß man ihm von allen Seiten zuredete, sich dem Geigenbau zu widmen, und einer seiner Freunde brachte ihm Wettengels bekanntes Lehrbuch. Er studierte dieses mit großem Eifer durch und verschaffte sich dann noch andere Lehrbücher, so daß er gut vorgeschult war, als er 1873 als Volontär bei F. Chr. Edler eintrat, der ihn nach bestem Können ein Jahr lang unterrichtete. Im Jahre 1877 baute er in Winterthur mit ziemlich unzulänglichen Werkzeugen seine erste Violine, und zwar nach einem eigenen Modell, die ihm über Erwarten gut gelang. Er machte nun rasche Fortschritte und kam 1879 als Mitglied des städtischen Orchesters nach Augsburg, wo er sich 1880 verheiratete und eine Geigen-Reparaturanstalt gründete, die so viel Zuspruch fand, daß er seine Stellung als Musiker aufgeben konnte. Er übernahm dann die gut eingeführte Saiteninstrumentenhandlung von Ant. Scherlein in Augsburg und hat seitdem Jahr für Jahr eine Anzahl Geigen gemacht, die schnell ihre Liebhaber fanden, da sie überaus sorgfältig gearbeitet und sehr gut im Ton sind. Er arbeitete nach Stradivari und Guarneri und verwendete schönes, altes Holz und einen guten gelben Lack, der neu vielleicht nicht bestechend aussah, gewiß aber im Alter an Schönheit zunehmen wird. Er war ein ebenso feinsinniger, wie rastlos strebender Künstler, dem man auch eine wertvolle Monographie über die schwäbischen Geigenmacher von 1600 bis auf unsere Zeit (Leipzig 1902) verdankt. Sein Nachfolger ist Otto Ebner. Geigenzettel: Abb. 623.