Lipowsky 1811

Ramm, (Friedrich): Ramm, (Friedrich), wurde zu Mannheim den 18. Nov. 1744 geboren, lernte daselbst die Musik, und besonders die Oboe blasen bei einem Oboisten des churpfälzischen Militär-Musikkorps, Namens Stark, der sich auf diesem Blasinstrumente, vorzüglich durch seinen Umgang mit guten Sängern, ausgebildet hatte. Da er auf der Oboe (1) eine große Geschicklichkeit sich schon in früher Jugend erworben hatte, so wurde er 1758 bei der Churfürstl. Hofmusik zu Mannheim als Oboist angestellt. Bald darauf, i. J. 1760 nämlich, unternahm er seine erste musikalische Reise, und gieng nach Frankfurt am Main, wo er in einem Konzerte spielte, und sich große Ehre erwarb. Dieses machte ihn Muth, er gieng daher nach Holland, spielte dort in mehreren großen Städten, und endlich im Haag vor dem Statthalter Prinzen von Oranien, und erhielt überall allgemeinen Beifall. Nun gieng er nach Mannheim zurücke, blies dort in Hofkonzerten und Opern neben dem berühmten Le Brün, und erwarb sich nebst diesem großen Künstler Bewunderung und Beifall. Im Jahre 1772 unternahm er eine Reise nach Wien, blies dort am Hofe in Gegenwart des Kaisers Joseph II. und der Kaiserinn Maria Theresia, erhielt ungetheilten großen Beifall, wurde von Allerhöchstdenselben reichlich beschenket, und als ein vortrefflicher Künstler ausgezeichnet, belobt und behandelt. Im Jahre 1778 begab er sich nach Paris, wo er im Konzert spirituel auf der Oboe spielte, und allgemein gefiel. Nun unternahm er seine erste Reise nach Italien 1782, gieng aber nicht weiter, als bis nach Bologna. Auch in diesem Vaterlande der Musik errang er sich durch sein Zauberspiel allgemeinen Beifall. Sein Ruf, als einer der ersten Oboisten, war nun entschieden, und sein Ruhm ward selbst bis nach London verbreitet, daher er als Mitglied des großen Konzertes vom Lord Abbington aufgenommen worden, in welchem er 1784 spielte, und einmüthig beklatschet, und als ein sehr großer Künstler bewundert wurde. Im folgenden Jahre 1785 gieng Ramm mit seinem jungen Freunde Karl Cannabich zum zweiten Male nach Italien, spielte in Neapel vor dem König, in Rom aber beim Kardinal Bernis, und überall war er als ein ausgezeichnet guter Künstler aufgenommen, geehrt und geschätzt. Aber nun wollte er 1786 nach Berlin, um auch dort sein Kunsttalent zu zeigen. Er spielte daselbst vor dem König, dem er so wohl gefiel, daß er ihm Dienste bei seinem Hoforchester anbieten ließ, die sich Ramm aber verbat. Nach zwei Jahren kam er zum zweiten Male nach Berlin, spielte abermals, und erhielt wiederholt jenen großen Beifall, der ihm das erste Mal schon so reichlich gewährt worden ist. Im Jahre 1807 unternahm er endlich seine dritte Reise nach Italien, und blies zu Mailand im Konzerte in Beiseyn des Vizekönigs und der Vizeköniginn von Italien. Er gefiel, wurde wegen seiner Kunst allgemein belobt, geehrt, und nach Verdiensten ausgezeichnet und belohnet. Im Jahre 1809 hielt er zu München sein Jubelfest, wobei ihn Sr. Maj. der König allerhöchst ihre volleste Zufriedenheit über seine 50jährige Dienstesleistung in den huldreichesten Ausdrücken eröffneten, ihm seinen vollen Gehalt als lebenslängliche Pension zusicherten, und noch überdieß ansehnlich beschenkten. Ramm gehört, wie schon Gerber in seinem Tonkünstler-Lexikon B. II. S. 232. versichert, unter die ersten jetzt lebenden Oboisten, und man sagt nicht zu viel, wenn man behauptet, daß noch keiner den schönen, runden, sanften und wahren Ton auf der Oboe, verbunden mit der schmetternden Tiefe im Forte, sich so vorzüglich gut eigen gemacht habe, als er. Er blast übrigens mit einer Delikatesse, einer Leichtigkeit, einem Ausdrucke, die bezaubern, behandelt dieses Instrument nach seiner wahren, ihm eigenen Natur mit Klugheit, und einer praktischen Gewandheit, die wenigen Oboisten eigen ist, und hat einen sehr gefühlvollen Vortrag im Adagio, weiß aber auch Geist und Feuer in dasselbe zu legen, wenn der Effekt und die Begeisterung es erfordern. Seine vorzüglichsten Scholaren sind Flad, Königl. Hofmusikus in München, und Thurmer, Hofmusikus in Cassel. Anm. 1: Die Oboe (franz. Hautbois) trat an die Stelle der ehemals üblichen Schallmey. Der Erfinder dieses Blasinstrumentes ist unbekannt; indessen hat Gerhard Hoffmann, Bürgermeister zu Rastenberg eine Verbesserung derselben durch eine Klappe, die er 1727 angebracht hat, erzwecket; indem durch diese Klappe verschiedene unreine Töne verbessert wurden.