Mendel 1/1877, Bd. 8

Rissé, Joseph, wurde im J. 1843 in Hildesheim geboren und besuchte das Gymnasium Josephinum seiner Vaterstadt. Hier wurde man auf seine Stimmmittel und musikalische Befähigung aufmerksam. Auf den Rath des kunstsinnigen Bischofs Eduard Jacob beschloss R., nachdem er das Gymnasium absolvirt hatte, sich dem Gesange zu widmen. Ein Stipendium der hannov. Regierung ermöglichte ihm in München bei Leop. Lenz die Gesangskunst zu studiren. R. hatte kurze Zeit der Bühne angehört, als er sich nach dem Vorgange Stockhausens einzig der Interpretation des deutschen Liedes und der Ballade widmete. Rissé's gesangliche Darstellung der Lieder Schubert's und Schumann's bekundet ein ausserordentlich feines und tiefes Auffassungs- und Empfindungsvermögen, dem, durch treffliche Schulung glänzende Stimmmittel (Bariton) dienstbar gemacht sind. Ueber F. Schubert's Lieder hat R. Studien veröffentlicht, welche unter dem Titel "Fr. Schubert und seine Lieder" (I. Theil Müllerlieder, II. Theil Goethelieder) bei Th. Rümpler, Hannover, erschienen sind. Diese Studien enthalten für Sänger wie Begleiter schätzbare Winke und haben in ganz Deutschland Anerkennung gefunden. Desgleichen Rissé's Studie über Schumann's "Das Paradies und die Pari" (Hannover). Die von R. unter dem Titel "Erinsharfe" herausgegebene Sammlung altirischer Volkslieder (Hannover, Simon) sind ein schätzenswerther Beitrag zur Volkslieder-Literatur. R. lebt gegenwärtig in Hannover als Lehrer der Gesangskunst.