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Reitmayr, Joseph, * 15. Juli 1805 München, † 4. August 1877 Regensburg, Musikverleger, Musikalienhändler

1   Herkunft und Ausbildung

Joseph Reitmayr, der Sohn Joseph Sigmund Reitmayrs, wurde 1805 in München geboren. Bis 1822 erhielt er seine Ausbildung beim Buchhändler Tinnemann in München. Wohl anschließend erlernte er das Verfahren des Steindrucks bei Johann Christian Schmidt in Nürnberg. Im Jahre 1828 kam Joseph Reitmayr nach Regensburg, wo er die Buchhandlung seines Vaters übernahm. Am 7. März 1828 wurden ihm Bürgerrecht und persönliche Buchhandlungs-Konzession verliehen. Am 2. Juni desselben Jahres erhielt er die Ehelichungserlaubniß und heiratete Maria Therese Krippner (* 12. Februar 1809 Regensburg). Auch sein Gesuch um eine Konzession als Lithograph wurde am 5. Dezember 1828 positiv beschieden. Im Regensburger Wochenblatt vom 11. Februar 1829 empfiehlt der Unterzeichnete seine wohl eingerichtete lithographische Anstalt in allen Fächern und Manieren des Steindrucks. Damit war die Grundlage geschaffen für eine intensivere Tätigkeit als Musikverleger.

2   Wichtige Publikationen

Er veröffentlichte u.a. mehrere Reihenwerke mit Titeln wie Sammlung neuer Kirchenmusik für kleinere Chöre, Terpsichore. Sammlung der neuesten Tänze für das Pianoforte, Melodicon. Eine Auswahl vorzüglich beliebter Tonstücke für das Piano-Forte, Das lieblichste Geschenk für Damen. Eine Auswahl von 25 der beliebtesten Walzer oder Deutschlands Ball-Freuden. Sammlung der neuesten und beliebtesten Tänze.

3   Historische Einordnung und Verdienste

Joseph Reitmayrs Buchhandlung erscheint in seinen Anzeigen häufig unter dem Namen seines Vaters. Diese Tatsache mag die Ursache dafür sein, dass die Literatur zwischen dem jungen Joseph Reitmayr, dessen Tätigkeit sich keineswegs auf Buchhandel, Buch- und Steindruck beschränkte, und dem Vater Joseph Sigmund Reitmayr immer wieder nicht richtig unterscheidet (Norbert Mayer, Die Presse Regensburgs und der Oberpfalz von 1806 bis zum Weltkrieg, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 87, 1937, 62f.; Dieter Albrecht, Regensburg im Wandel, Regensburg 1984, 121). Joseph Reitmayr spielte zunächst eine wichtige Rolle im Zuge der Anfänge des politischen Liberalismus in Regensburg, als dessen Haupt er bezeichnet wurde (N. Mayer, Die Presse, 47). In diesen Zusammenhang gehört die Gründung des Regensburger Tagblatts im Jahre 1837, das von Reitmayr redigiert und verlegt wurde. Vom Ende der dreißiger Jahre bis zur Revolution und den Aktivitäten des Dr. Gerster, dann als Vorsitzender des Gewerbevereins (1849), des Wander-Unterstützungsvereins (1851) und der Freiwilligen Feuerwehr (1858), schließlich als Gründer des Liberalen Vereins 1869 wußte [Reitmayr] eine führende Position im Regensburger Liberalismus einzunehmen, da er dessen wichtigstes Sprachrohr verlegte, das ,Regensburger Tagblatt‘ (D. Albrecht, Regensburg im Wandel, 121f.). 1859 hatte er darüber hinaus die Buchdrucker-Unterstützungs-Cassa und die Buchdrucker-Wittwen-Cassa gegründet.

4   Würdigung

Wie lange Reitmayr neben all seinen Aktivitäten politischer Art als Musikverleger tätig blieb, wissen wir nicht, Georg Friedrich Kutschers Tonleiter-Uebungen für das Pianoforte von 1837 waren möglicherweise sein letztes einschlägiges Verlagswerk. 1860 wurde der Verlag vom Verlag Friedrich Pustet übernommen. Joseph Reitmayr starb am 4. August 1877 an einem Gehirnschlag. Am 7. August erschien im Regensburger Tagblatt ein Nachruf, in dem u.a. zu lesen ist: Der Verlebte war Mitglied mehrerer [...] gemeinnütziger Gesellschaften und Vereine, mit einem Worte überall thätig, wo es galt redliche Bürgerpflicht zu bethätigen, Gutes anzubahnen – zu vollbringen. Wie seine Handlungen war er fest und entschieden im Leben, nur seiner inneren Ueberzeugung treu, einfach und schlicht, ruhte ein gutes edles Herz in seiner Brust, – ein Ehrenmann in des Wortes wahrstem Sinne.

5   Literatur

Norbert Mayer, Die Presse Regensburgs und der Oberpfalz von 1806 bis zum Weltkrieg, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 87 (1937), S. 3-130.
Ludwig Mayer, Regensburg und die Revolution 1848, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 102 (1962), S. 21-100.
Rudolf Michalik, Der frühe Steindruck in Regensburg. Franz Anton Niedermayr von 1801 bis 1809, Regensburg 1971.
Werner Chrobak, Politische Parteien, Verbände und Vereine in Regensburg 1869-1914 (Teil II), in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 120 (1980), S. 211-334.
Dieter Albrecht, Regensburg im Wandel. Studien zur Geschichte der Stadt im 19. und 20. Jahrhundert (Studien und Quellen zur Geschichte Regensburgs 2), Regensburg 1984.
Thomas Emmerig. "Die Verlagsbuchhandlung Reitmayr als Musikverlag. Ein Beitrag zur Geschichte der Musikverlage in Regensburg", in: Musik in Bayern 38 (1989), S. 5-32.
Thomas Emmerig, Regensburger Verlagsbuchhandlungen als Musikverlage (1750-1850) (Quellen und Abhandlungen zur Geschichte des Musikverlagswesens 1), Tutzing 2000, S. 201-245.