Schilling 1/1838, Bd. 6

Schiedmayer, 1) Johann David, der Vater, einer der tüchtigsten und auch berühmtesten Clavierinstrumentenmacher seiner Zeit, war 1753 zu Erlangen geboren und lernte seine Kunst bei Stein in Augsburg. Nach vollendeten Lehrjahren u. einigen bildenden Reisen etablirte er zu Erlangen eine eigene Fabrik, und die Vortrefflichkeit seiner Instrumente brachte ihm das Prädikat einen Churfürstlichen Hofinstrumentenmachers. 1797 verließ er jeodch Erlangen und übersiedelte seine Fabrik nach Nürnberg. Der Grund von dieser Ortsveränderung war einzig nur der, daß der Tischler, welcher ihm bisher die Kasten in Erlangen geliefert hatte, nach Nürnberg zog, und kein anderer Tischler ihm mit der Arbeit genügen konnte. Es zeugt das von einer fast beispiellosen Accuratesse, mit welcher S. in seinen Arbeiten zu Werke ging; und in der That auch waren seine Instrumente besonders in dieser Hinsicht das Ausgezeichnetste, was je der Art geliefert worden ist. Schon Gerber nannte sie das Non plus ultra aller Clavierinstrumente, und in den Erlanger gel. Anzeigen vom Jahre 1789 Heft 9 heißt es wörtlich: „Ein Bau, dessen Genauigkeit und Fleiß dem Körper die Politur eines fugenlosen Marmors giebt, eine Tastatur, deren Anschauen schon entzückt, u. deren unübertrefflicher Mechanismus für das leiseste Fingerspiel empfänglich ist, ein Ton, der im Discant mit dem reinsten, süßesten Flötenton, und im Baß mit dem Fagotte wetteifert, der vom sanftesten Hauch des pp. bis zum schmetternden ff. erhoben werden kann - dies sind ganz kurz die eigenschaften der Schiedmayer’schen Fortepiano’s, die mit 40 Louisd’or wohl erkauft, aber nicht bezahlt werden können.“ Der Preis scheint vielleicht Manchen übertrieben; allein noch bis 1800 standen die Nürnberger Fortepiano’s von S. so hoch im Werthe, und wurden alt selbst mit 30 Louisd’or bezahlt. S. starb zu Nürnberg am 20sten März 1805. Das beste Instrument, welches er je verfertigt hat, erhielt der damalige Professor Memel in Erlangen. Freilich hält es mit Arbeiten der jetzigen Zeit gleichwohl keinen Vergleich aus, am allerwenigsten aber wohl, selbst abgesehen auch von dem erweiterten Umfange und den mancherlei Zeitanforderungen, mit den Instrumenten welche in S’s eigenen Sohnes - 2) Johann Lorenz, Fabrik zu Stuttgart jetzt verfertigt werden; denn ohne damit den vorzüglichen Werken einens Graff in Wien und anderer Meister zu nahe treten zu wollen, vereinigen dieselben, in summarischer Comparation wie kein anderes verwandtes Fabrikat, die Lösung aller Bedingungen in sich, welche nur von dem Höhengrabe aus, auf welchem die Instrumentenbaukunst jetzt steht, wie überhaupt von dem Standtpunkte der heutigen Kunstbildung an Clavierinstrumente, Flügel oder Fortepiano’s, gemacht werden können. Im Allgemeinen sind schon unter dem Art. Fortepiano die Vorzüge der Stuttgarter Schiedmayer’schen Instrumente hervorgehoben worden; im Besonderen bewundernswerthe Accuratesse der Arbeit, eine seltene Gleichheit der Klangfarbe in den verschiedenen Tonlagen, ein überall gleicher, höchst zweckgemäß leichter u. elastischer Anschlag, und eine enorm volle, dabei aber doch auch so wohltuend gesangreiche Kraft des Tones, als dies sich nur immer bei solchen klangverhallenden Schlaginstrumenten erreichen läßt. Ganz detaillirte Bemerkungen über Schiedmayer’sche Instrumente findet man endlich in den einzelnen, den Fortepianobau betreffenden Sachartikeln (Mechanismus, Bezug etc), indem überall dort Instrumente von Graff, Streicher, Schiedmayer, Kalkbrenner und Broadwood, als der berühmtesten Meister der Zeit, zum Muster genommen wurden. Geboren ward Schiedmayer (der Sohn) 1786 zu Erlangen, und lernte die Instrumentenbaukunst bei seinem Vater. Nach dessen Ableben arbeitete er mehrere Jahre in Wien; von da kam er 1809 nach Stuttgart, um mit dem Instrumentenmacher Carl Friedrich Dieudonné, den er in Wien kennen gelernt hatte, eine eigene Fabrik zu errichten. Deshalb führt diese Fabrik, die jetzt, und besonders unter S’s alleiniger Leitung, die größte Ausdehnung gewonnen hat, bis zur Stunde auch noch die Firma Dieudonné und Schiedmayer, obschon Ersterer bereits seit 1825 todt ist. Die Zahl der Instrumente, welche aus derselben, von ihrem ersten Entstehen an, hervorgegangen sind, übersteigt schon mehrere Tausend, und sie haben sich selbst bis über das Meer hinaus, auf die zweite Halbkugel, verbreitet. Keins von den Schiedmayer’schen Instrumenten ist ein bloßes Werk der Mechanik; daran ist keins auch dem andern ganz gleich, wenn sie sich noch so ähnlich im Aeußern sehen. Nicht gewöhnlicher, sondern denkender Mechaniker nämlich u. erfahren in den verschiedenen Zweigen seiner Kunst, wie gebildeter Musiker, verfolgt S. bei seinem Baue zwar allgemein feststehende Principien, jedoch immer nur mit steter und bis in das Kleinste berechnender Berücksichtigung der mancherlei Zufälligkeiten, die durch Verschiedenheit des Materials oder seine nothwendig gewordene abweichende Behandlung herbeigeführt werden können, und, wenn die Arbeit vollkommen gelingen soll, niemals auch ein immer gleich beharrliches Festhalten an einer genommenen Richtschnur gestatten. Wie gesucht übrigens auch Schiedmayer’s Instrumente sind, beweist am besten der Umstand, daß man niemals bei ihm fertige Instrumente zum Verkauf ausgesetzt findet, und ungeachtet der Masse von Arbeitern, welche er beschäftigt, der Besteller eines Instruments oft Jahre lang warten muß, bis er es erhält, weil, seltene Ausnahmen abgerechnet, nur der Reihe nach den Bestellungen Genüge geleistet werden kann.