Lütgendorff 2/1913

Tieffenbrucker, Wendelin: Tieffenbrucker, Wendelin. – Padua. 1572. 1611 Wenn die Deutung seines Zettels richtig ist, ein Sohn des Leonardo T. Er nennt sich darauf "Vendelinus" oder häufiger Wendelino Venere de Leonardo usw. "Venere" dürfte identisch sein mit "Genere". Häufig verwendete er nur die obere Hälfte seines Zettels, so daß nur "Wendelio Venere" mit Ort und Jahreszahl blieb, was dazu führte, daß seit Baron ein Lautenmacher "W. Venere in Padua" als besonderer Meister aufgeführt wird. Auf den halbierten Zetteln kann man öfters noch aus den Buchstabenresten der abgetrennten zweiten Zeile diese selbst rekonstruieren, so in einer Laute des Kaiserl. Hofmuseums in Wien. Die Gründe für diese Art der Zettelbenutzung lassen sich heute freilich nicht mehr erkennen; aber seit etwa 1595 scheint er mit Vorliebe die halben Zettel eingeklebt zu haben. Außerdem verwendete er auch gerne eine Brandmarke, die sich am Halsrande zu finden pflegt und aus einem Anker mit den Buchstaben V und T oder W E besteht. Von ihm und Magnus T. sagt Baron in seiner Untersuchung des Instruments der Lauten: "Magnus und Vendelino Tieffenbrucher und Vendelino Venere, welche sehr berühmt und alt, haben an ihrer Arbeit viele Proportion proprete bewiesen, und nach der neuesten und am meisten aestimirten Art, nemlich länglicht oder etwas flach gearbeitet. Was die Tieffenbruckerische Arbeit anlanget, so schätzt man sie weit höher als die Füssner und sind selten zu bekommen. Diese jetzt angeführte Meister haben meistentheils in Venedig zwischen Anno 15 und 1600 gelebt." – Arbeiten von Wendelin T. finden sich noch oft in Sammlungen, so eine Laute von 1572 in der Sammlung Snoeck (jetzt in Berlin), eine von 1578 im Städtischen Museum zu Braunschweig, eine von 1582 und ein Lyrone im ehemaligen Museum Modena in Wien, eine Laute von 1587 in der Sammlung der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, eine von 1592 im Museum zu Darmstadt, eine Laute mit umgeschlagenem Kragen in W. Heyers Musikhistorischem Museum in Köln, eine von Seb. Schelle zur Theorbe umgearbeitete Archilaute mit drei schönen, kleeblattartig angeordneten Dachsternen (Rosetten) in der Wartburg (Gesamtlänge 143 cm, Korpus 65 cm lang, 38 cm breit); eine von Jos. J. Edlinger und G. A. G. Otto reparierte Laute mit 14 Wirbeln besitzt Prof. Streicher in Köthen; auch Th. Körners Laute (jetzt im Körner-Museum in Dresden) ist eine Arbeit Wendelins. Ein Violoncello ! mit seinem Namen besitzt Rat Friedrich in Posen. Die Wiener Sammlung alter Musikinstrumente besitzt von ihm zwei Diskantlauten, eine elf spänige Oktavlaute, eine theorbierte Laute von 1595, eine paduanische Theorbe von 1611, sowie eine (vielleicht von ihm erfundene) 42 saitige Harfenzister und eine eigenartige Lira da Gamba. Geigenzettel: In Padua Vendelinus Tieffenbrucker (gedruckt). – In Padoua / Vvendelio Venere / de Leonardo Tiefembrucker 1582 (gedruckt). – 1595 / In Padova Vvendelio Venere (gedruckt) (die untere Hälfte des Zettels abgetrennt) und Abb. 769.