Schilling 1/1838, Bd. 6

Tochtermann, Philipp Jacob, vortrefflicher Sänger, geboren zu Augsburg 1744, bildete sich zu Mannheim unter Danzi, ward bei der Oper daselbst angestellt, u. trat 1799 von da zu der Münchener Bühne über. Er ward der primo uomo der deutschen Oper genannt, blieb auch im Gesange immer ganz deutsch, übrigens vereinend denselben mit einem ausgezeichneten Spiele und einem einnehmenden Aeußern. Im deutschen und französisch-deutschen Singspiele leistete er stets Ausgezeichnetes, und sein Ruf verbreitete sich auch im Auslande, das er mehrere Male besuchte. Große Triumphe feierte er namentlich in Breslau. Unter seinen Rollen waren es vorzüglich sein Oberst Palmer in der Oper von Cannabich, und sein Simeon in dem Mehul'schen "Joseph", die ihm viel Ehre und Ruhm brachten. Das "ich bin verflucht" z. B. in dem Ensemblestücke der Brüder im ersten Acte hörte man wohl nie wieder so schön und ergreifend vorgetragen als von ihm. Es war der wahre leidenschaftliche Ausdruck eines im Innersten tief aufgeregten Gemüths. Auch der Titus gehörte zu seinen gelungeneren Rollen. Als der italienische Geschmack sich immer mehr Oberherrschaft in der Gesangskunst erwarb, und Bricci nach München kam, fing T's Glanz freilich an, sich nach und nach zu verdunkeln. Uebrigens blieb er stets in dem Ansehn eines tüchtig musikalisch gebildeten Sängers, und im Notentreffen sind ihm wohl Wenige gleich gekommen. Seit 1806 führte er auch die Regie der Oper zu München, und hat sich in dem Amte fortwährend, ungeachtet so mancher Veränderungen u. Wunderlichkeiten, welche die Zeit herbeiführte, mit Ehre und Zufriedenheit erhalten, bis er am 1sten April 1833 starb.