Lipowsky 1811

Winter, (Peter): Winter, (Peter), wurde 1755 zu Mannheim geboren, widmete sich da anfangs den Wissenschaften, und erlernte einige Sprachen, überließ sich aber in der Folge ganz der Tonkunst, und wurde ein vorzüglich guter Violinspieler, daher er auch 1764 beim Hoforchester daselbst angestellt wurde. Seine Neigung zur Komposition war unüberwindlich, weßwegen er den Generalbaß und den Contrapunkt beim berühmten Vogler studirte, und anfangs Ballet-Musiken komponirte, die sehr gefielen. Nun begann er Konzerte, Simphonien, Quartetten, Kirchen-Musiken u. s. w. zu schreiben, und durch diese Uebung erhielt er immer mehr Festigkeit, praktische Gewandheit, Geschmack, und eine sehr schöne Instrumentirung, und gute Behandlung der Singstimmen. Allgemein waren Winter's Kompositionen schon beliebt und geschätzt, als er eine höhere Einweihung in die Misterien der Kunst, und eine feinere Ausbildung bei Salieri (1) erhielt, wo er nun jene Höhe unter den ersten klassischen Kapellmeistern Europens sich errang, die er noch inne hat, und ihn überall als einen vortrefflichen und großen Meister bekannt machten, ihm und seinen Werken überall großen Ruhm und Ehre erwarben. Churfürst Carl Theodor schätzte sein Talent, achtete seine Kunst, und ernannte ihn 1788 zum Kapellmeister, übertrug ihm aber auch zugleich die Oper: Circe für den Carnevall zu schreiben, die Winter zwar verfertiget hatte, allein aus dem Grunde nicht zur Aufführung kam, weil der Churfürst die Vorstellung großer italienischer Opern nicht mehr haben wollte, und sich mit den deutschen Opern, welche nach seiner Meinung immer sowohl an Poesie, als gehaltvoller Musik den italienischen das Gleichgewicht hielten, begnügte. Winter's Namen war nun in ganz Europa bekannt, seine Celebrität an allen grossen Höfen, und in allen grossen Städten der gebildeten Welt verbreitet, seine musikalischen Werke überall willkommen, beliebt, geschätzt und bewundert. Er erhielt einen Ruf nach Venedig, Neapel, Wien, Paris, London etc. wo er überall Opern, und andere Musiken verfertigte, die allgemeinen und sehr großen Beifall erhielten, Bewunderung erregten, und ihm Ehre und Ruhm verschaften. Winter leistete für die Tonkunst sehr vieles, und verfertigte eine Menge Opern, Balletmusiken, Messen, Litaneien, Vespern, Simphonien, Konzerte, Cantaten u. s. w. Alle seine Musikstücke hier aufzuzählen, würde zu weitläufig seyn, auch zu nichts frommen, als den Beweis zu liefern, daß Winter unter die fruchtbarsten Kompositeurs gehöre, und daß kaum ein Kapellmeister mehr Musiken, als er geschrieben habe. Nachdem aber nicht die Menge verfertigter Musikstücke, sondern vorzüglich ihre Güte entscheidet, in welcher Eigenschaft dieser Tonkünstler ebenfalls besonders eminiret; so genügt es hier folgender Werke zu erwähnen. Für das Theater in Mannheim schrieb er: a) Priamus und Thisbe, ein Ballet. Mannheim 1776. b) Dido, ein Ballet. Mannh. 1776. Für München: (2) a) Heinrich IV, ein Ballet. München 1779. b) Tod des Hektors, ein Ballet. München 1779. c) Leonardo und Blandine, ein Melodram. d) Ignes de Castro, ein Ballet. e) Der franz. Lustgarten, ein Ballet. f) Baierische Lustbarkeiten, ein Ballet. g) Cora und Alonzo, ein Melodrama; Poesie vom Babo. h) Armida, ein Melodrama; Poesie vom Babo. i) Das Hirtenmädchen; Poesie vom Kanonikus Heinr. Braun. k) Helena und Paris; eine Oper, 1780. l) Beleraphon; eine Oper, 1780; Poesie vom Freiherrn von Binder. m) Der Bettelstudent; eine Operette. n) Psyche; eine Oper. o) Maria Montalban; eine Oper; Poesie vom Sekretär Karl Reger. p) Der Sturm; eine Oper. q) Der Frauenbund; Poesie vom Babo, 1806. r) Figaro, ein Ballet. s) Adams Tod, ein Ballet, 1810. Für Wien: a) Das unterbrochene Opferfest; Poesie vom Huber. b) Piramiden, zweiter Akt; den ersten komponirte Gallus; Poesie vom Schickaneder. c) Das Labarinth; zweiter Theil der Zauberflöte; Poesie von Schikaneder. d) Belisa, Gräfinn von Hildburge) Vedovi, eine italienische Oper; Poesie vom Camera. f) Colmal; eine Oper mit Poesie vom Collin, 1789. g) Polixene, ein Ballet, 1779. h) Terre und Philomele, ein Ballet. Für Prag: Il Triomfo del Belesco. Für Venedig: a) Catone in Utica; Poesie vom Metastasio, 1791. b) Il Sacrifizio di Creta, 1792. c) Fratelli rivali, 1794. d) Belisa; Poesie vom Pepoli, 1794. Für Neapel: Antigona; Poesie vom Coldolini. Für London: a) Calypso. b) Castore e Polluce. c) Proserpina. d) Zaire; Poesie vom da Ponte. Für Paris: Tamerlan; Poesie vom Morell, 1805. Castore e Polluce, 1807. Für das Theater des Titl. Grafen von Törring Seefeld in Seefeld schrieb Winter: Orphee, Scabine und Scabino, vom Göthe, und Medea, travestirt vom Titl. Grafen Clemens von Törring Seefeld, welche daselbst 1789 in Gegenwart des Churfürstens Carl Theodor aufgeführt wurden. Sonst schrieb Winter mehrere Cantaten, worunter sich die Macht der Tonkunst, welche beim Feste der schweizerschen Musikgesellschaft zu Luzern 1810 aufgeführt wurde, und große Wirkung hervorgebracht hat, vorzüglich auszeichnet. Ferners schrieb er mehrere Oratorien, Messen, mit einfachen und doppelten Chören, Psalmen, Herr Gott dich loben wir, Stabat Mater u. s. w. Simphonien, Konzerte für allerlei Instrumente, Quartetten, Quintetten etc. Lieder, Sonaten für das Klavier u. s. w. und erwarb sich hierdurch nicht nur eine ausgebreitete Celebrität, sondern auch einen bedeutenden Rang unter den ersten Kapellmeistern Europens. In seinen Opern-Musiken ist der theatralische Effekt richtig berechnet, und jede Situation wahr ergriffen, glücklich dargestellt, ausgedrückt, und richtig empfunden. Seine Kirchenmusiken sind der Ausdruck hoher geistiger Gefühle mit Würde und Erhabenheit. Er verwendet überhaupt, und mit gedeihlichem Erfolge, viele Aufmerksamkeit darauf, den Kirchenstil vom Theaterstile durch große und erhabene Einfachheit (Simplizität) dann kraftvolle Chöre zu unterscheiden, wobei aber nie sein schöner Gesang vermißt wird. Seine Instrumental-Begleitung -- worinn er seine eigene Stärke besitzt, und die Natur eines jeden Instrumentes sehr wohl versteht, und mit Effekt zu behandeln weiß, -- ist sinnreich und glänzend ohne Ueberladung, und sein Gesang ist melodisch, und dem Sänger sehr vortheilhaft. Mehrere seiner Werke kamen in Paris, Mainz, Bonn, London, Wien, Venedig etc. im Stiche heraus, und mehrere seiner Opern erschienen auch im Klavier-Auszuge. Ueberhaupt ist Winter's Musik allgemein beliebt, und überall willkommen; daher er auch nach Paris, Neapel, Venedig, Wien, London u. s. w. den Ruf erhielt, um dort Opern und andere Musiken zu schreiben, die überall den verdienten großen Beifall ungetheilt erhielten, und so dieses Kapellmeisters musikalische Talente und Verdienste ruhmvoll ehren und verewigen. Anm. 1: Anton Salieri, K. K. Kapellmeister zu Wien, wurde zu Lignavo, einer Festung im ehemaligen venetianischen Gebiete, den 29. August 1750 geboren, besuchte in früher Jugend die lateinischen Schulen, und fieng im 11ten Jahre seines Alters an den Flügel spielen zu lernen. Seine Neigung zur Musik gieng nach und nach in Leidenschaft über, daher er, nachdem er seinen Vater, einen Kaufmann, frühezeitig verlor, in seinem 15ten Jahre beschloß sich gänzlich der Tonkunst zu weihen. Unter der Protektion des Patriziers Monzenigo begab er sich daher nach Venedig, und studirte daselbst beim Kapellmeister Joh. Pescetti, und als dieser gestorben war, beim Peter Passini. Beim Kapellmeister Gaßmann, der eben damals nach Venedig gekommen war, nahm er Unterricht im Gesange und auf dem Klavier, und begab sich alsdann mit demselben nach Wien i. J. 1766, studirte auch daselbst bei ihm den Contrepunkt. Für den Münchener Hof schrieb er die Oper: Semiramide, welche 1782 daselbst mit sehr großem Beifall aufgeführt wurde. Anm. 2: Das Hofmusik-Personale, welches Churfürst Carl Theodor 1778 mit sich nach München genommen hatte, bestand aus folgenden Individuen: Direktor: Cannabich; Direktor der Kabinets-Musik: Toeska; Konzertmeister: Toeska, Fränzl; Sängerinnen: Mdme. Wendling, Strasser, Weber, le Brün; Sopranist: Giorgelli; Tenoristen: Raff, Hartig; Bassisten: Zonca, Weber, Fischer; Violinisten: Wendling, Mittschel, Peter Winter, Danner, der jüngere, Schönche, Sepp, der jüngere, Falgera, Geiger, Friedr. Eck, Hampel, der Sohn; Flautroversisten: Wendling, Metzger; Oboisten: Le Brün, Ram, Hieber; Waldhornisten: Lang, der ältere, Eck, Vater, Dimler, der ältere, Lang, der jüngere, Dimler, der jüngere; Clarinettisten: Tansch, Vater und Sohn; Violonisten: Marconi, Vohrer; Violoncellisten: Danzi, Schwarz; Fagottisten: Ritter, Steidel; Braccisten: Hampel, der Vater, Sepp; Copist: Kramer; Calcanten: Moralt und Herz.